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aus dem Gemeindebrief September / Oktober 2008

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„Der Herr ist für mich, ich fürchte mich nicht,

was können Menschen mir antun?“

Psalm 118, 7

(Zürcher Bibel 2007)

 

Der bekannte und in unserer Gemeinde immer wieder gesungene Psalm 118 formuliert zwischen vielem Jubel und Lobpreisungen eine kleine allein stehende, aber zentrale  Frage „was können Menschen mir antun?“ Diese Frage, erscheint innerhalb des Psalms wie eine Zäsur - ein Innehalten - ein Moment der Unsicherheit und eine Selbstversicherung im nicht Selbstverständlichen. Zweieinhalbtausend Jahre alt, ist sie nach wie vor von großer Dringlichkeit und zentraler Bedeutung für unser christliches Denken und Selbstverständnis. Beim Nachdenken über diese Stelle türmen sich schnell weitere bedrängende Fragen auf: Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wohin gehen wir? Was erwarten wir? Diese Fragen bewegen auch unsere Gemeinde, die inzwischen auch auf eine lange und lebendige Tradition zurückblickt und vor knapp einem Monat am 9. Juli den 309. Geburtstag ihrer Gründung im Jahr 1699 beging.
Was erwartet uns? Wie sieht die Zukunft aus?
„Kirche mit Zukunft“ lautet das Motto vieler Landeskirchen und ihrer neusten kirchlichen Strategiepapiere. Reformprozesse werden aller Orten angekündigt und eingeläutet. (Zum Glück hat unsere Kirche keine Glocken und schon daher stehen wir vielleicht etwas im Windschatten der großen Kirchenpolitik.) Im Moment bleibt wenig Zeit für diese großen Themen - wir sind mit zwei wichtigen Aufgaben auch so schon sehr belastet:
Die offene Pfarrstelle und  die Renovierung unseres Gemeindehauses.
Was die Pfarrstelle betrifft, so hoffen wir - trotz negativer Resonanz - weiter.
Wer ohne Hoffnung lebt, wäre ja auch schon so gut wie tot. Unser biblisches Zeugnis vom Dreiklang in Glaube, Liebe und Hoffnung sollte uns da auch weiter leiten.
Fast jeder kennt das aus den siebziger Jahren stammende Kirchenliede „Komm, Herr, segne uns“. Dort heißt es in einer Strophe: „Weil du reichlich gibst, müssen wir nicht sparen“. Wer heute die Finanzen der Kirche oder auch unserer Gemeinde kennt und Verantwortung für das Geld trägt, wird diese Zeilen jedenfalls nicht allzu wörtlich nehmen dürfen, will er nicht grob fahrlässig handeln. Zum Glück war und ist das Interesse und das Spendenaufgebot sehr groß. Aber auch wenn wir noch nicht sparen müssen, bleibt immer auch die Frage einer 200 Seelen-Gemeinde: Für was und warum wird Geld ausgegeben und gibt es in Zeiten sozialer Not und Ungerechtigkeiten keine dringlicheren Aufgaben für eine Gemeinde? 
Was sind überhaupt die Aufgaben unserer Gemeinde jenseits der Denkmalspflege?

Im 29. Kapitel des Propheten Jeremia findet sich dazu eine wichtige Stelle. Gerichtet ist der Text an die jüdische Gemeinde im Babylonischen Exil. Dorthin war die Bevölkerung Jerusalems nach der Zerstörung der Stadt im Jahre 587 v. Chr. unter dem König Nebukadnezar verschleppt worden:
So spricht der HERR der Heerscharen, der Gott Israels, zu allen Verbannten, die ich in die Verbannung geführt habe, von Jerusalem nach Babel: Baut Häuser und wohnt darin, pflanzt Gärten und esst ihre Frucht […]
Für die Deportierten war eine Welt zusammengebrochen. Ihre Heimat schien für immer verloren, ihr Staat war untergegangen, ihr Heiligtum, der Tempel in Jerusalem, zerstört. Das Leben und Weiterleben erschien den verzweifelten Juden sinnlos.
Ähnlich haben vielleicht unsere Vorfahren gefühlt und gelitten als sie nach 1685 ihre französische Heimat verlassen mussten oder aus Glaubensgründen freiwillig verließen. Der Brief des Jeremiah ist in einer solchen Situation eine Zumutung. Was er zumutet, ist einerseits die schmerzvolle Anpassung der eigenen Lebensperspektive an die tatsächlichen Gegebenheiten. Andererseits, dennoch die Hoffnung lebendig zu halten.
Das jüdische Volk hat dem Propheten Jeremia Glauben geschenkt und sich im Exil eingerichtet, Bäume gepflanzt, Häuser gebaut, Nachkommen gezeugt und seine Identität dadurch gewahrt, dass es an seinem Gottesglauben und der Hoffnung auf seine Verheißungen festhielt. Selbst in
schwierigsten Zeiten lässt sich auch nach Martin Luthers zugeschriebener Devise leben: „So lasst uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen!“
Der von der Nationalsozialisten ermordete Theologe Dietrich Bonhoefer schrieb in seiner Haft: „Den Optimismus als Willen zur Zukunft soll niemand verächtlich machen, auch wenn er hundertmal irrt; er ist die Gesundheit des Lebens! Mag sein, daß der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.
In diesem Sinne werden wir uns auch weiter um unseren schönen Garten und unserer schönes Gemeindehaus kümmern und auch das  Bäumepflanzen nicht aus den Augen verlieren.

Präses Olaf Joksch
 


Andacht & Besichtigung…

Für den Sonntagnachmittag, den 3. August hatte das Presbyterium zu einer Andacht mit anschließender Besichtigung eingeladen. Da ja zur Zeit kein Kirchkaffee stattfinden kann, war das eine gute Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen. 18 Gemeindeglieder waren dazu in unsere Kirche gekommen. Nach der von Präses Joksch gehaltenen Andacht über Psalm 118 „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden“ konnten wir aufgrund von Sicherheitsbestimmungen leider nicht wie geplant das Pfarrhaus von innen besichtigen. Bei strahlendem Sonnenschein und entschädigt mit einem Glas kühlen Sekt und Orangensaft konnten wir aber vom Pfarrgarten den Stand der Renovierungsarbeiten vor Ort in Augenschein nehmen. Fachkundig berichteten Presbyter Hans-Georg Ruppel und Architekt Reichard dem interessierten Publikum über die schon geleisteten Arbeiten und den Stand der Renovierung. Viele wünschten sich, dass es mehr solcher Treffen gebe…
Versprochen: Mit der Fertigstellung unseres Gemeindehauses wird sicher auch unser Gemeindeleben wieder lebendiger werden!

Das Presbyterium

Tür des GemeindehausesNoch ist die Tür des Gemeindehauses oft verschlossen ...

 

Aus unserem Pfarrarchiv

Seit November 2007 wird unser Gemeindearchiv neu geordnet. Dabei kommen immer wieder interessante Fundstücke ans Tageslicht. Anfang November 1882 führte der Main großes Hochwasser. Die Überschwemmung in der Innenstadt reichte bis zum Marktplatz. Im damals noch selbständigen Bürgel ließen die Wassermassen ein Haus einstürzen; vier Bewohner kamen dabei ums Leben.
Zur Erinnerung an die Überschwemmung in 1882
vertheilte Bibeln & Neue Testamente

Zur Erinnerung an die Überschwemmung in 1882 vertheilte Bibeln & Neue Testamente

 

Innenansicht einer Baustelle…

BaustelleBei meiner letzten Besichtigung des Gemeindehauses kann ich kaum glauben, dass in dieser Baustelle schon bald wieder unsere Gemeinde ihre zahlreichen Veranstaltungen durchführen wird. Die Luft ist unangenehm feucht von dem neu aufgetragenen Putz. Nicht nur die großen Maschinen - auch die neu eingebauten Bäder im ersten und zweiten Stock wirken wie Fremdkörper, die hier gar nichts zu suchen haben. Viele fleißige Menschen tüfteln und werkeln an den unterschied-lichsten Stellen und entlegensten Winkeln. Mir ein organisatorisches Rätsel, das Respekt einflößt. Wenn sich dann abends das Haus leert, der Arbeitslärm verstummt und die Handwerker gegangen sind, breitet sich eine gespenstische Ruhe aus. Jetzt ist viel Raum für wehmütige Phantasie und wach werdende Erinnerungen. Was hat dieses Gebäude nicht schon alles erlebt und gesehen? Die leeren Räume bergen einen Hauch Melancholie. Plötzlich steht ein altes Schwarz-Weiß Bild wieder vor meinen Augen: Es ist wohl in den letzten Monaten des letzten Weltkrieges. Fast alle Gebäude sind zerstört - nur unsere Kirche und unser Gemeindehaus stehen aufrecht zwischen all den unnötigen grausamen Trümmern.  Ist das - bei aller Betroffenheit - nicht auch ein positives Bild? 300 Jahre hat das Haus jetzt schon auf dem Buckel. Da gab es sicher schon Schlimmeres als eine kleine Renovierung! Die Tür gut verschlossen und hinaus in die frische Luft des Gartens. Der milde Sommerabend und singende Vögel holen mich wieder in unsere Gegenwart... 

O. J.

 

 

Herbstrezept für 4 Personen aus:
Christa Gombel  „Meine Traditionsrezepte - so kocht man in Hugenottendörfern“ (ausgesucht von Presbyterin H. Schneider)
Rezept

 

Auf den Spuren der Flüchtlinge

- Der Hugenotten- und Waldenserpfad soll durch drei Länder führen -

Nachdem das Wandern zunehmend in Mode gekommen ist, ob mal eben auf einem Pilgerpfad oder "nur" auf dem Rheinsteig, ist inzwischen ein Projekt gestartet worden, das einmal vom Süden Frankreichs bis nach Nordhessen führen soll: Der Hugenotten- und Waldenserpfad. Über 1.200 km Luftlinie (zu Fuß entsprechend länger) soll der Pfad die Route der Glaubensflüchtlinge nachvollziehen, die vom 17. Jahrhundert an ihre Heimat verlassen mussten.
Nach einem ersten informellen Treffen zwischen Frankenau im Kellerwald und Offenbach, kam es im Jahre 2004 zu einer groben Einteilung des Pfades, der in Südfrankreich beginnen und in Bad Karlshafen enden soll. Geplant ist, dass bereits vorhandene Wanderwege genutzt werden sollen. In unserer näheren Heimat ist natürlich an Neu-Isenburg, Frankfurt und Offenbach gedacht, aber auch die Waldensergemeinden Wembach-Hahn und Rohrbach (heute Stadt Ober-Ramstadt) oder Walldorf (heute Mörfelden-W.) sollen berührt werden.
Im Jahre 2010 könnte dann die Route nach den Vorstellungen der mit der Planung beschäftigten Projektgruppe endgültig fertig sein. Wir freuen uns darauf.

Hans-Georg Ruppel

 

Im Jahr 2009 begeht die Evangelische Kirche das Calvin-Jahr.
Am 10. Juli 2009 jährt sich der Geburtstag von Johannes Calvin zum 500. Mal. In Deutschland wird dies vom 10. – 12.07. mit einem Calvin-Fest am und im „Französischen Dom“ in Berlin gefeiert. Außerdem plant der Reformierte Bund Deutschland, zu dem auch unsere Gemeinde gehört, für 2009 eine Reihe von Veranstaltungen. Ihr Hauptthema: „Calvin – Vordenker der Moderne“.
Ausstellungen zu Calvin werden im Deutschen Historischen Museum Berlin (06.03. – 19.07.09) und im Reformationsmuseum in Genf (24.04. – 09.09) zu sehen sein. Wer jetzt schon mehr erfahren will, wird informiert bei 
www.calvin09.org und www.reformierter-bund.de.

Calvins Ethik: Für Gott ist es unmöglich, nicht bamherzig zu sein.

Das andere Elend, auf das Calvin als Lehrer und Prediger die Genfer hinwies und das ihre soziale Gemeinschaft hart auf die Probe stellte, ist das Missverhältnis zwischen Armen und Reichen. Sicher, auch im Mittelalter kannte man das gute Werk der Spende für Arme. Aber für die Möglichkeit, gute Werke zu tun, war es kein Problem, dass die Armen dabei arm blieben. So konnte Armut sogar zu einem Ideal für Heilige werden. Demgegenüber verstand Calvin Armut als einen unerträglichen Skandal. Im Blick auf die Armut in dieser entsetzlichen Gestalt hat Nicholas Woltersdorff Calvins Gedanken dazu in dem Satz zusammengefasst: "Die soziale Ungerechtigkeit und die Tränen der sozialen Opfer verwunden auch Gott." Dass die Menschen zu Gottes Ebenbild geschaffen sind, kann nach ihm Calvin so verstehen, dass Gott sich selbst sieht in unseren als Opfer gequälten Mitmenschen. Aber gerade in dieser verletzlichen Liebe Gottes ist auch der Kampf für Gerechtigkeit begründet, wie Wolterstorff weiter belegt. Daher ist nach Calvin die Aufgabe der Reichen noch nicht mit Spenden getan, sondern, wie nun Valeri Calvin zitiert: "Ich kann mich selber nicht von denen trennen, die in Not geraten sind, mit denen Gott mich verknüpft hat." In solcher Solidarität kann man umgekehrt den Luxus der Reichen in den Metropolen als Skandal erkennen.

Professor Eberhard Busch

 

 

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GEMEINDEVERANSTALTUNGEN

Gottesdienste:

Sonntag, 7. September 10 Uhr - Pfarrerin Gunkel

Sonntag, 14. September 10 Uhr - Pfarrer i. R.  Krämer

Sonntag, 21. September 10 Uhr - Frau Krauß

Sonntag, 28. September 10 Uhr - Gottesdienst der Geistig-Behinderten-Seelsorge - Pfarrer i. R.  Krämer

Sonntag, 5. Oktober 10 Uhr - N. N.

Sonntag, 12. Oktober - Pfarrer i. R. Schulze

Sonntag, 19. Oktober 10 Uhr - Gottesdienst der Geistig-Behinderten-Seelsorge - Herr Weiß

Sonntag, 26. Oktober 10 Uhr - N. N.

Freitag, 31. Oktober (Reformationstag) - 19 Uhr    gemeinsamer Gottesdienst in der Matthäuskirche

 

Ökumenisches Friedensgebet    jeden Montag um 18 Uhr


 

Wir laden herzlich ein zum Dekanatsfrauentag 2008

Anita Johannes referiert über das Thema:

Das Leben des Johann Hinrich Wichern

Mittwoch 10. September 14:30 Uhr im Gemeinesaal der Erlösergemeinde Offenbach-Waldheim 
Bischofsheimer Weg 33


Le petit chœur - donnerstags 19:30 Uhr in der Kirche:
4.09., 18.09., 02.10. & 30.10.   

Die nachfolgenden Veranstaltungen finden wegen der Renovierung des Pfarrhauses wieder im Katharina von Bora-Haus (Kirchgasse 17) statt:

Kreis älterer Frauen - montags 15 Uhr:
8.09., 22.09., 13.10. &27.10.             

Gespräch über der Bibel - dienstags 19:30 Uhr:
2.09. & 7.10.             

Französisch-Lesezirkel - dienstags 19:30 Uhr:
9.09. & 14.10
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ABENDMUSIKEN

Sonntag, 28. September - 19 Uhr
Gabriel Fauré & Maurice Ravel
Yumiko Noda - Violine
Daniel Geiss - Violoncello
Olaf Joksch - Klavier

Sonntag, 9. November - 19 Uhr
Viktor Ullmann:
„Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“
Michael Kaiser - Sprecher
Olaf Joksch - Klavier

 

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28.08.2008   ---  Verantwortlich für diese Ausgabe des Gemeindebriefes:
Das Presbyterium der Französisch-Reformierten  Gemeinde Offenbach am Main.  
Der  nächste  Gemeindebrief  erscheint Ende Oktober 2008.